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Anwaltsprüfungen mithilfe von Repetitorien

Interview mit MLaw Laura Straumann und MLaw Kim Wegmann

Vor 20 Jahren kam das erste Orell Füssli-Repetitorium auf den Markt, mit dem Ziel, das Lernen für juristische Prüfungen zu erleichtern. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten. Die Repetitorien-Reihe umfasst heute 31 Bände und 15 Übungsbücher und deckt damit alle wichtigen Rechtsgebiete ab. Die Bücher haben seither zahlreichen Studierenden und solchen, die sich auf die Anwaltsprüfung vorbereiten, einen wertvollen Dienst geleistet und viel zum Prüfungserfolg beigetragen.

Auch Laura Straumann und Kim Wegmann haben in ihrer juristischen Ausbildung die Repetitorien verwendet. Im folgenden Interview geben sie Auskunft darüber, wie sie sich auf die Prüfungen vorbereitet und wie sie das Studium erlebt haben.

 

Frau Straumann, Frau Wegmann, Sie haben beide an der Universität Freiburg i.Üe. studiert und anschliessend die Anwaltsausbildung in Angriff genommen.  Wie kann man sich eine solche Ausbildung vorstellen?

LS: Sie ist sehr vielseitig. Im Studium erarbeitet man sich Stück für Stück ein Grundverständnis der Schweizer Rechtsordnung sowie einen Überblick über die verschiedenen Rechtsgebiete. Während es im Strafrecht philosophisch um Schuld und Sühne geht, ist im Familienrecht zunächst einmal schematisch zu lernen, wie im Todesfall eine güterrechtliche oder erbrechtliche Auseinandersetzung durchgeführt wird. Man sitzt mit Gleichaltrigen in Hörsälen. Beginnt man nach dem abgeschlossenen Studium als Praktikantin in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten, bemerkt man schnell, dass es nicht so einfach ist, Recht zu bekommen, wie man während des Studiums noch gedacht hat. In vielen Fällen gibt es verschiedene Lösungen und die herrschende Lehre ist sich auch noch uneins darüber, welche Normen in diesem oder jenem Fall tatsächlich anwendbar sind. Man sitzt dann im Büro, liest Bücher, Gesetzeskommentare und Urteile und sucht seine ganz eigenen Lösungen für Probleme. Das macht den Job ausserordentlich spannend und abwechslungsreich.

KW: Das Absolvieren eines Praktikums im juristischen Bereich bildet ein Zulassungskriterium für die Anwaltsprüfung. Nach Abschluss meines Studiums habe ich mein erstes Praktikum in einer jungen, dynamischen Anwaltskanzlei in Wil/SG absolviert. Auf der anwaltlichen Seite lernte ich insbesondere für die Bedürfnisse der Klienten einzustehen, juristische Lösungen, welche die Bedürfnisse so gut wie möglich abdecken, zu erarbeiten und eine eigene Argumentationsstrategie aufzustellen. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang das Klienten-Management. Mein zweites Praktikum absolviere ich momentan an einem erstinstanzlichen Gericht. Gegenüber der anwaltlichen Tätigkeit werden bei der gerichtlichen Arbeit die Argumentationslinien der Parteien analysiert, einander gegenübergestellt und abgewogen. Natürlich ist auch hier die eigene Recherche der Literatur und Rechtsprechung unabdingbar. Es geht darum, die objektiv juristisch korrekte Lösung für die Streitigkeit zu finden. Diese Arbeit kommt dem universitären Arbeiten sehr nahe.

 
Frau Straumann, Sie haben die Anwaltsprüfung 2022 erfolgreich abgeschlossen. Können Sie kurz beschreiben, wie Sie sich auf die Prüfung vorbereitet haben? Hätten Sie etwas anders gemacht?

LS: Ich habe mir nach zwei Jahren Praktikum ein paar Monate frei genommen, um zu lernen. Der Prüfungsstoff ist sehr breit und es ist schwierig, Schwerpunkte zu setzen. Details zu lernen schien wenig sinnvoll, weshalb ich mich darauf konzentriert habe, über möglichst viele Rechtsgebiete einen möglichst guten Überblick zu erhalten. Es bot sich deshalb an, mit Repetitorien zu lernen und Rechtsgebiet für Rechtsgebiet anzuschauen. Für mich hat das sehr gut funktioniert. Anders machen würde ich daher nicht viel. Vielleicht etwas mehr Urteile lesen, da sie einem gut aufzeigen, wie man Argumente aufbauen und komplexe Sachverhalte strukturieren kann.

 
Frau Wegmann, Sie schliessen bald das zweite Anwaltspraktikum ab. Anschliessend geht es ans Lernen für die Anwaltsprüfung.  Haben Sie bereits eine Planung, wie Sie vorgehen werden, um für das Examen gewappnet zu sein? 

KW: Aufgrund der kurzen Vorbereitungsdauer und des grossen Stoffumfangs habe ich bereits vor Beginn meiner Lernphase einen dicht getakteten Lernplan zusammengestellt und bin dabei, die Materialien zusammenzutragen. Um das bereits vorhandene Wissen wieder aufzufrischen, gedenke ich, in einem ersten Schritt meine alten Lern- und Kursunterlagen sowie meine Notizen der Erkenntnisse, welche ich während der Praktika gewonnen habe, durchzugehen. Im Anschluss daran plane ich, mit den Repetitorien zu kontrollieren, ob ich die essenziellen Themen bearbeitet und verstanden habe. Hierbei werde ich mich auch mit den Übungen absichern, dass ich die Thematik nicht nur verstanden habe, sondern das erlernte Wissen auch anwenden kann. Zu guter Letzt werde ich alte Prüfungen lösen, um mich auch optimal auf die Prüfungssituation vorzubereiten. Natürlich werden die Gesetzestexte bei jedem dieser Schritte meine ständigen Begleiter sein.

 
Wann sind Sie beide zum ersten Mal mit den Orell Füssli-Repetitorien in Kontakt gekommen? Wie haben Sie davon erfahren?

LS: Ich wusste schon lange, dass es sie gibt. Im Studium habe ich allerdings jeweils mit dem vom Professor vorgeschlagenen Lehrmittel oder auch nur mit den Vorlesungsunterlagen gelernt. Als es dann darum ging, für die Anwaltsprüfung zu lernen, empfahlen mir viele Kollegen die Repis aus dem Orell Füssli Verlag.

KW: Das war in meinem ersten Bachelorjahr. Im Rahmen meiner ersten schriftlichen Arbeit hatte ich den Auftrag, ein familienrechtliches Thema zu durchleuchten. Da ich bis dahin allerdings noch keinerlei Kenntnisse in Bezug auf das Familienrecht hatte, habe ich mir mit dem Orell Füssli-Repetitorium zuerst eine Übersicht über das Rechtsgebiet verschafft, damit ich mein Thema schliesslich einordnen konnte. Ich wurde von Kommilitonen in höheren Semestern auf die Orell Füssli-Repetitorien hingewiesen und diese bilden seither einen wertvollen Beitrag in meinen Lernphasen.

 
Was sind für Sie die Orell Füssli-Repetitorien. Wie würden Sie sie beschreiben/definieren?

LS: Sie sind eine sehr gute Orientierungshilfe. Sie bieten einen guten Überblick über ein Rechtsgebiet und sind aufgrund der darin enthaltenen Beispiele, Definitionen und Schemen einfach zu verstehen. Wie der Name «Repetitorium» schon sagt, sind sie besonders effektiv, wenn man sich bereits mit der Materie auskennt und sein Wissen auffrischen möchte. Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass sie sich auch für Laien eignen, die sich einen groben Überblick z.B. im Miet- oder Arbeitsrecht verschaffen wollen.

KW: Für mich stehen die Orell Füssli-Repetitorien für eine übersichtliche und kompakte Fachwissensvermittlung. Sie dienen nicht nur zur Einführung in die Materie, sondern enthalten darüber hinaus auch die relevante Praxis und ermöglichen, den darin enthaltenen Stoff zu verstehen. Die Beispiele helfen dabei, die teilweise abstrakten Gesetzestexte im richtigen Kontext zu lesen, und die Übungen erlauben eine Selbstkontrolle, ob man das verarbeitete Wissen auch wirklich verstanden hat.

 
Was bewerten Sie als besonders positiv an den Orell Füssli-Repetitorien?

LS: Der Aufbau und das Format. Man wird gut und klar durch ein Themengebiet geführt und es gibt Beispiele, Schemen und Definitionen, die man sich merken kann. Das grosse Format der Repetitorien trägt zur einfachen Handhabung bei. Beim Blättern findet man schnell wieder, was man nochmals anschauen wollte. Der grosse Text auf den grossen Seiten kann schnell und angenehm gelesen werden.

KW: Durch die stetig erscheinenden Neuauflagen sind die Repetitorien von Orell Füssli in Bezug auf die Gesetzesrevisionen und die aktuelle Praxis sehr aktuell. Der Fokus auf das Wesentliche erleichtert es zudem, dem Leser das Verständnis für das Rechtsgebiet zu verschaffen und sich das Wissen in dieser Thematik dadurch auch nachhaltig aneignen zu können.

 
Können Sie zwei, drei Repetitorien herausgreifen, die für Sie besonders nützlich waren?

LS: Ich fand vor allem die Repetitorien zur ZPO und zum Allgemeinen Teil des Obligationenrechts sehr hilfreich. Sie fassen wichtige Gebiete, über die man schon viel gelernt und dementsprechend auch schon viel wieder vergessen hat, gut zusammen und erinnert einen an viele wichtige Feinheiten.

KW: Die Orell Füssli-Repetitorien im Bereich des Gesellschafts- und Sachenrechts waren für mich besonders hilfreich. Im Studium habe ich das Gesellschaftsrecht als sehr stoffumfangreich und das Sachenrecht als eher abstrakt wahrgenommen. Die Übersichtlichkeit auf vergleichsweise wenigen Seiten sowie die Übungsbeispiele halfen mir, die Fächer zu verstehen.

 
Gibt es auch Verbesserungspotenzial bei der Repetitorien-Reihe und wenn ja, wo?

LS: Es gibt eher wenig Verweise auf Urteile oder Quellen, in denen gewisse Fragen detaillierter abgehandelt werden. Gerade in der ersten Zeit nach der Anwaltsprüfung wären diese Verweise hilfreich. Dann kann man im Repetitorium den Grundsatz nachlesen und hat auch gleich einen Anhaltspunkt für die weiteren Recherchen.

KW: Spontan kommt mir kein Verbesserungsvorschlag in den Sinn. Einzig, dass die Repetitorien zum Teil sehr umfangreich sind. Allerdings befürchte ich, dass eine Kürzung des Repetitoriums zu Lasten des Verständnisses des vermittelten Stoffes gehen würde. Ich erachte die Balance zwischen Theorie, Rechtsprechung und Übungen als optimal.

 
Welche Ratschläge und Tipps zum Studium allgemein haben Sie für Matura-Abgänger, die sich diesen Herbst an einer rechtswissenschaftlichen Fakultät einschreiben?

LS: Kauft die Bücher nicht am Anfang des Semesters sondern erst dann, wenn ihr sie wirklich lesen wollt. Weil erst, wenn dieser Moment gekommen ist, weiss man, welches Buch man tatsächlich braucht. Eventuell ist es dann eben nicht das vorgeschlagene Lehrmittel sondern lieber ein Repetitorium oder ein Übungsbuch, weil man die Theorie bereits aufgrund der Vorlesung verstanden hat.

KW: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Dieser oft gehörte Satz bewährt sich meiner Meinung nach wirklich. Parallel zu den Vorlesungsunterlagen, der Literatur und den Repetitorien empfehle ich, das Gesetz zu lesen. Dies hilft enorm, die Systematik hinter dem Gesetz zu verstehen. Versteht man den Aufbau eines Gesetzes, erübrigt sich ein Grossteil des zeitintensiven Auswendiglernens.

 
Frau Straumann, welche Ratschläge und Tipps haben Sie für Frau Wegmann zur Bewältigung der herausfordernden Zeit zur Vorbereitung auf die Anwaltsprüfungen?

LS: Steter Tropfen höhlt den Stein. Einfach immer weiter machen. Man muss dabei auch nicht übertreiben. Niemand kann zwölf Stunden pro Tag lernen und es ist ohnehin nicht möglich, auf jede Eventualität vorbereitet zu sein. Solange man konsequent immer wieder ein Buch zur Hand nimmt, ist man nach meiner Erfahrung auf einem guten Weg.

 
Nach den Prüfungen sind für die Studierenden in der Regel die Semesterferien angesagt, also Zeit, sich für einmal einer nicht juristischen Lektüre zu widmen. Daher zum Abschluss die Frage: Welches Buch empfehlen sie ihnen?

LS: Alles von Juli Zeh. Sie ist zwar auch eine Juristin, ihre Bücher bilden einen aber auf ganz andere Weise als ein Repetitorium und der Unterhaltungsfaktor ist dabei auch noch sehr hoch.

KW: «Nach Ohio» von Benedikt Meyer. Dieser historische Roman erzählt von der jungen Wäscherin Stephanie Cordelier, einer mutigen, unabhängigen und starken Frau, die Ende des 19. Jh. die Schweiz verliess und wie so viele ihr Glück in den USA suchte. 125 Jahre später beschliesst ihr Urenkel, der Autor und Historiker Benedikt Meyer, ihrer Geschichte nachzugehen. Mit einem Containerschiff reist er über den Atlantik und mit dem Fahrrad weiter nach Ohio, um vor Ort herauszufinden, wie es seiner Urgrossmutter ergangen ist. Besonders gefallen hat mir das feinsinnige Portrait, das der Autor von Stephanie Cordelier zeichnet. Ausserdem fesselt das Buch von der ersten Seite an und lässt einen in eine längst vergangene Zeit und Welt abtauchen.

 
Liebe Frau Straumann, liebe Frau Wegmann, wir bedanken uns bei Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen für die Prüfungen und die berufliche Zukunft alles Gute und viel Erfolg.

Laura Straumann (LS): Ich habe das Gymnasium Münchenstein mit Profil A (Mathematik und Physik) besucht und nach einem Austauschsemester am Gymnasium in Pully/VD die bilinguale Matur erhalten. Um mein Französisch weiter zu verbessern, habe ich mich für das Studium in Freiburg i.Üe. entschieden. Zur Vorbereitung auf die Anwaltsprüfung habe ich in einer Kanzlei und an einem Gericht in Chur Praktika absolviert und bin nun als Anwältin in Basel tätig.

Kim Wegmann (KW): Im Anschluss an meine Lehre als Bankkauffrau EFZ absolvierte ich den Passerellenlehrgang und nahm in der Folge mein rechtswissenschaftliches Studium in Angriff. An der Universität Freiburg i.Üe. habe ich schliesslich meinen Bachelor und Master absolviert. In der Universitätsstadt mit dem Flair der Westschweiz durfte ich viele wertvolle Erfahrungen sammeln, bevor ich wieder in meine Heimatstadt zurückgekehrt bin. Hier habe ich mein Anwaltspraktikum in der Kanzlei SteuriFisch Rechtsanwälte Notare und mein Gerichtspraktikum am Kreisgericht Rorschach absolviert und bin nun kurz davor, mich auf meine Anwaltsexamen vorzubereiten.

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